Spätestens beim Vorstellungsgespräch kommt sie zur Sprache: die Lohnvorstellung. Wieviel Lohn kann ich verlangen? Wo finde ich Informationen, wenn ich mich in Bezug auf die Lohnvorstellung nicht auf meine Erfahrung beziehen kann? Wie kann ich argumentieren, damit ich mich nicht von Beginn an schon ins Abseits manövriere?
Welche rechtlichen Bestimmungen zu Löhnen gibt es?
Löhne werden normalerweise in den Arbeitsverträgen geregelt und festgelegt. Weisst du, welche Vertragsart dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegt, kannst du die entsprechenden Argumente daraus ableiten.
Bezüglich den Vertragsarten gibt es Unterschiede, die du kennen, resp. berücksichtigen solltest. In der Schweiz sind die folgenden Vertragsvarianten am häufigsten:
Einzelarbeitsvertrag (EAV)
Alle rechtlichen Bestimmungen zum Einzelarbeitsvertrag, der übrigens auch mündlich vereinbart werden kann, werden im OR-Artikel 319ff beschrieben. In Bezug auf den Lohn gilt:
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer den Lohn zu entrichten, der verabredet oder üblich [...] ist.
Du kannst dich also mit dem Arbeitgeber auf eine Lohnsumme einigen oder es gelten die orts- und branchenüblichen Ansätze. Es gibt keine Vorgaben bezüglich Mindestlöhne und auch ein 13. Monatslohn ist nicht gesetzlich vorgeschrieben.
Gesamtarbeitsvertrag (GAV)
Gesamtarbeitsverträge müssen immer schriftlich abgeschlossen werden, damit sie gültig sind. Die rechtlichen Grundlagen sind im OR-Artikel 356ff geregelt.
Es besteht eine Vielzahl an GAVs für die unterschiedlichsten Tätigkeitsbereiche, vom Tankstellenshop über das Gastgewerbe bis zum Baugewerbe. Ob eine Branche einem GAV unterstellt ist, kannst du hier nachschauen. In Bezug auf den Lohn gilt:
Für Gesamtarbeitsverträge gelten die darin entsprechend festgelegten Mindestlöhne. Höhere Löhne können frei vereinbart und mit den Arbeitgebern ausgehandelt werden.
So gelten beispielsweise fürs Bauhauptgewerbe gemäss LMV folgende Mindestlohnvorgaben:
Die Farbbezeichnungen ROT, BLAU und GRÜN entsprechen dabei unterschiedlichen Regionen in der Schweiz. Die Lohnklassen V bis C den Qualifikationen, vom Bauarbeiter ohne Fachkenntnisse (C) bis zum Vorarbeiter (V).
Normalarbeitsvertrag (NAV)
Normalarbeitsverträge gibt es, wie auch Gesamtarbeitsverträge, nur für bestimmte Branchen oder Berufsgruppen und müssen ebenfalls schriftlich festgehalten werden.
Normalarbeitsverträge können entweder vom Bund oder von den Kantonen festgelegt werden. So gibt es vom Bund u.a. NAVs für das Pflegepersonal, Erzieher oder Privatgärtner, von den Kantonen u.a. für Hauspersonal oder landwirtschaftliche Arbeitnehmer. In Bezug auf den Lohn gilt:
Wie auch bei den Gesamtarbeitsverträgen gelten für NAVs entsprechende Mindestlöhne. Höhere Löhne können mit dem Arbeitgeber verhandelt und festgelegt werden.
Lehrvertrag
Lehrverträge müssen immer schriftlich verfasst werden und sind befristete Arbeitsverträge. In Bezug auf den Lerhlingslohn gilt:
Für Lehrlinge gibt es keine gesetzlichen Mindestlöhne. Lernende können den Lehrlingslohn grundsätzlich mit dem Ausbildungsbetrieb aushandeln. Berufsverbände geben Empfehlungen bezüglich der Lohnhöhe für Lernende in unterschiedlichen Branchen ab.
Eine gute Übersicht findest du auf berufsberatung.ch.
Temporärvertrag
Für Personen, die über einen Stellenvermittler (Temporärbüro) angestellt sind, gelten zwei Verträge. Einerseits der Rahmenarbeitsvertrag des Temporärbüros, andererseits der Einsatzvertrag, indem der Einsatzbetrieb und die Details des Einsatzes festgelegt werden. Die Löhne werden im Einsatzvertrag festgehalten. In Bezug auf den Lohn gilt:
Erfolgt ein Einsatz in einer Branche mit GAV oder NAV, gelten die Lohnbestimmungen der jeweiligen GAVs oder NAVs. Liegt kein GAV oder NAV für die Branche vor, gelten orts- und branchenübliche Löhne.
Höhere Löhne können auch in Temporärverhältnissen ausgehandelt werden. Bei Verhandlungen muss jedoch berücksichtigt werden, dass nicht nur der Stellenvermittler als Arbeitgeber involviert ist, sondern auch der Einsatzbetrieb bei der Lohnfestsetzung mitverhandeln wird.
Öffentlich-rechtlicher Arbeitsvertrag
Wer beim Bund, bei einem Kanton oder einer Gemeinde angestellt ist, ist in der Regel einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsvertrag unterstellt. Die Löhne sind entsprechend in den jeweiligen Verordnungen festgelegt und unterscheiden sich von Kanton zu Kanton, von Gemeinde zu Gemeinde. Es lohnt sich daher, die Informationen auf den entsprechenden Seiten einzuholen. In Bezug auf den Lohn gilt:
Die Löhne werden auf Basis der Funktion in Lohnbänder oder Lohnklassen eingeteilt, wo die Minimal- und Maximallöhne in den entsprechenden Bereichen definiert sind.
Nehmen wir als Beispiel eine Fachärztin, 44 Jahre. Sie ist auf Grund ihrer Funktion im Lohnband 13 eingereiht.
Daraus lässt sich der Minimal- und Maximallohn ableiten:
Bei öffentlich-rechtlichen Arbeitsverträgen sind Lohnober- und untergrenze durch Lohnbänder (oder Lohnklassen) festgelegt. Je nach Funktion bist du in einem höheren oder niedrigeren Lohnband eingeteilt. Innerhalb eines Lohnbandes ist der Lohn wiederum abhängig vom Alter und von der Position (hier: a bis e). Die Position wird durch Leistungsbeurteilungen beeinflusst.
Die Vertragsart beeinflusst die Lohnverhandlung
Je nach dem, welche Vertragsart dir vorliegt, hast du mehr oder weniger Spielraum in Bezug auf die Lohnverhandlung. Indem du dich mit der entsprechenden Vertragsart auseinandersetzt, schaffst du dir eine gute Basis für die Verhandlung und stellst sicher, dass du deine Rechte kennst und diese auch vertreten kannst.
Wir wünschen dir viel Glück und noch mehr Erfolg beim Bewerben 🚀.
Welchen Lohn kann ich verlangen?
👉 In der nächsten Folge geben wir dir Tipps, wie du herausfindest, welchen Lohn du mit gutem Gewissen verlangen kannst.